Folgewirkung

Entscheidungsstunde

Die Wochenendkrise war Auslöser einer politischen und militärstrategischen Zeitenwende. Als bekannteste Folgewirkung der Maikrise kann die enorme Beschleunigung von Hitlers Angriffsplanung gegen die Tschechoslowakei gelten, wie sie aus der am 30. Mai unterzeichneten neuen Weisung „Grün“ zur „Zerschlagung“ des Vielvölkerstaates hervorgeht.

In das Bild eines Strategie- und Tempowechsels fügte sich auch der nach der Maikrise von Hitler befohlene, blitzartige Ausbau der bis dahin nur als Stückwerk vorhandenen deutschen Landesbefestigungen an der französischen Grenze ein. Die Maikrise gilt in der Forschung als Geburtsstunde des „Westwalls“.

Die besondere Aufmerksamkeit der Historiker erregte Hitlers, unmittelbar nach der Wochenendkrise anberaumte Ansprache vor den Spitzen des Reiches am 28. Mai 1938 in der Reichskanzlei. Die Forschung las aus diesen Ausführungen eine merkliche Modifikation von Hitlers Vorkriegspolitik heraus, wobei die neue, zentrale Perspektive eines kommenden Krieges im Westen gegen England und Frankreich im Mittelpunkt des Interesses stand. In Forschungsarbeiten zu Hitlers England-Konzeption und deren Wandel wurde der Maikrise daher auch eine entscheidende Zäsurwirkung zugesprochen.

Auf der militärstrategischen Ebene folgte der durch die Maikrise abgewandelten England-Konzeption der politische Entschluss Hitlers zum Bau einer Großflotte auf dem Fuße. Die Wochenendkrise wurde daher von Militärhistorikern auch als die Geburtsstunde des „Z-Plans“ der Kriegsmarine gewertet.

Für die deutsche Kriegsrüstung allgemein erkannte die Forschung in Hitlers Weichenstellungen im Nachklang der Wochenendkrise einen der dramatischsten Sprünge in der Rüstungsgeschichte des Dritten Reiches.


Andreas Krämer: Hitlers Kriegskurs, Appeasement und die „Maikrise“ 1938. Entscheidungsstunde im Vorfeld von „Münchener Abkommen“ und Zweitem Weltkrieg, De Gruyter, Berlin / Boston 2014